Nationaler Lohnrechner agil weiterentwickelt

Das Staatssekretariat für Wirtschaft SECO hat zusammen mit dem BIT einen neuen Lohnrechner aufgebaut. Der webbasierte Dienst «Nationaler Lohnrechner» fördert die Transparenz auf dem Arbeitsmarkt und liefert Firmen im In- und Ausland eine Übersicht zu den branchenüblichen Löhnen in der Schweiz.

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Alle 26 Kantone auf einen gleichen Nenner zu bringen, ist nicht einfach. Insbesondere im Bereich der Personenfreizügigkeit, wo die Auswirkungen der Öffnung des Schweizer Arbeitsmarktes bekanntlich regional unterschiedlich sind. Bei der Entwicklung eines schweizweit gültigen Lohnrechners sind sich die Kantone nach intensiven Diskussionen jedoch einig geworden.

Mit dem Personenfreizügigkeitsabkommen zwischen der Schweiz und der EU gehen flankierende Massnahmen einher zum Schutz der Erwerbstätigen vor missbräuchlichen Unterschreitungen der Schweizer Lohn- und Arbeitsvorgaben. Damit soll gewährleistet werden, dass in der Schweiz auch übliche Schweizer Löhne bezahlt werden. In Branchen ohne verbindliche Mindestlöhne haben eigens geschaffene kantonale tripartite Kommissionen den Auftrag, den Arbeitsmarkt zu beobachten und Kontrollen vor Ort durchzuführen. Das heisst für die Schweiz, dass sie Firmen im In- und Ausland die relevanten Informationen in transparenter Weise zur Verfügung stellen muss. Einzelne Orientierungsmöglichkeiten für Firmen haben auf kantonaler Ebene in Form von Lohnrechnern insbesondere in der Westschweiz schon länger existiert. Aber eben nur auf kantonaler Ebene. Ferner bestand ein nationaler Lohnrechner seit 2014, auf den jedoch nur die Kantone Zugriff hatten. Dabei stellten sich zahlreiche methodische Fragen, zumal z. B. für Berufsprofile in kleinen Kantonen keine Resultate verfügbar waren.

Die beschränkte Reichweite und Zugangsmöglichkeiten dieser Intranet-Lösung haben die Kantone und ausländische Firmen vor Herausforderungen gestellt. Das Staatssekretariat für Wirtschaft SECO hat diese Bedürfnisse aufgenommen und eine schweizweite Lösung vorangetrieben. In enger Absprache mit den Kantonen, dem Bundesamt für Statistik (BFS) und dem Experten Roman Graf hat eine Arbeitsgruppe die verschiedenen Möglichkeiten erörtert. Als geeignetste Option hat sich die Weiterentwicklung der bereits bestehenden Intranet-Lösung herausgestellt.

 

Seit dem 5. März online

Ein Lohnrechner muss stets aktuell und mit den neusten zur Verfügung stehenden Daten bestückt sein, grosse Nachfragewellen auffangen können und auch den neusten technischen Anforderungen genügen. «Wir haben den Lohnrechner von Grund auf neu aufgebaut. Und zwar in einer Containerplattform in der Cloud-Umgebung (Plattform-as-a-Service-Infrastruktur), damit die Betreiber einfach skalieren können, wenn beispielsweise die Zugriffsraten in grossem Masse steigen würden», sagt Thomas Stauffer, Projektleiter im BIT. Es ist eine zukunftsfähige Lösung, die so aufgebaut wurde, dass Daten unkompliziert hochgeladen werden können.

Im Februar wurden die neuesten Lohndaten in den nationalen Lohnrechner integriert. Seit dem 5. März ist der Lohnrechner nun online. Für die Nutzer ist die Bedienung intuitiv. Neben dem Design im CD-Bund ist ebenfalls ein responsiver Aufbau der Seite gewährleistet. Egal ob auf dem Smartphone, dem Tablet oder dem PC: Der Lohnrechner passt sich dem Bildschirm an. «Das Look-and-Feel sollte sich an der bestehenden Intranet-Lösung orientieren. Mit dem neuen Hintergrundbild, den Karten, der vierten Sprache und den verbesserten Suchfunktionen bei Beruf und Branche haben wir einen weiteren Entwicklungsschritt gemacht und sind nun sehr zufrieden damit», sagt Daniel Baumberger von der Arbeitsmarktaufsicht im SECO, der die Rolle des Projektleiters seitens Auftraggeber übernommen hatte.

Der Lohnrechner ist auf der Website: www.entsendung.admin.ch/Lohnrechner zu finden. Da der Lohnrechner im Kontext der flankierenden Massnahmen entwickelt wurde, sind insbesondere Firmen angesprochen, die Aufträge in der Schweiz wahrnehmen und sich gemäss Entsendegesetz an die in der Schweiz geltenden Lohn- und Arbeitsbedingungen halten müssen.

Mit Scrum-Methode entwickelt

Das SECO und das BIT haben den nationalen Lohnrechner mit der agilen Methode Scrum weiterentwickelt (mehr zu Scrum in der Infobox). «Dank des agilen Vorgehens konnten wir den neuen Lohnrechner innerhalb kurzer Zeit aufbauen», sagt Thomas Stauffer, der die Rolle des Scrum Masters wahrgenommen hat. Die Vorteile der agilen Methode liegen für ihn auf der Hand: Das SECO war stets sehr gut informiert über die Projektfortschritte. Er gesteht aber auch ein, dass wohl der Aufwand für das SECO grösser als ursprünglich angenommen war. Agiles Vorgehen bedingt, dass der Product Owner (PO) die nötige Verfügbarkeit für die Pflege des Backlogs und die erforderliche Nähe zum Entwickler-Team gewährleistet. Diese PO-Rolle hatte Daniel Baumberger zusätzlich übernommen.

Beim SECO wird die agile Zusammenarbeit – trotz des Mehraufwands, sich in die Thematik einzuleben – sehr positiv gewertet und als sehr konstruktiv und effizient bezeichnet. «Bei Problemen haben die Kollegen beim BIT immer gute Lösungsansätze gefunden. Sie haben fachlich einen sehr guten Eindruck hinterlassen und waren auch flexibel, als wir am Ende der Entwicklung einmal einen Sprint verlängern mussten», sagt Daniel Baumberger. Das proaktive Entwicklerteam habe ihm das Gefühl vermittelt, dass alle im selben Boot sitzen.

Die Rolle des Proxy-PO

In diesem Projekt haben die Beteiligten die Rolle des Proxy-PO sehr geschätzt. Ein Proxy-PO ist ein Zudiener für den PO. Grundsätzlich ist es die Aufgabe des PO, das Produkt, die Produktvision und die Priorisierung der Tasks im Auge zu behalten und sie zu definieren. Fehlt der verantwortlichen Person dafür die Zeit, stellt das BIT zur Unterstützung einen Proxy-PO zur Verfügung. Auch beim SECO war man sehr froh um diese Unterstützung. «Dank Proxy-PO wurden das Projekt und die Lösung sauber und detailliert dokumentiert. Wir wissen jetzt, wie wir vorgehen müssen, falls wir das Eine oder Andere anpassen müssen», sagt Daniel Baumberger. Der Proxy-PO habe sehr gut beraten, für wichtige Entscheide sensibilisiert und bei der Kommunikation mit dem Entwicklungsteam eine zentrale Rolle übernommen. «Ohne Proxy-PO wäre das Projekt wohl nie so rasch und gut umgesetzt worden», sagt Daniel Baumberger. Entlastung bringt der Proxy-PO auch für das Entwicklungsteam, da sie mit einer fachkundigen Person sprechen können.

Für Kunden, die sich für die agile Projektdurchführung interessieren, gibt Daniel Baumberger Folgendes mit auf den Weg: «Planen Sie unbedingt mehr Ressourcen für Projektleiter/PO seitens Fach ein, respektive schauen Sie, dass andere Aufgaben für diese Person so tief wie möglich gehalten werden».

Was ist die Scrum-Methode?

Scrum ist eine agile Vorgehensmethode im Projekt- und Produktmananagement. Der Ansatz von Scrum ist empirisch, inkrementell und iterativ. Das meist hochkomplexe Projekt wird also in kleinere und weniger komplexe Bestandteile strukturiert, die über Reihen von immer gleich langen Sprints (1-4 Wochen) erreicht werden. Scrum stützt sich auf die drei Säulen Transparenz (Fortschritt und Hindernisse sind für alle ersichtlich), Überprüfung (die Teams liefern regelmässig Ergebnisse und Funktionalitäten ab, die bewertet werden) und Anpassung (die Anforderungen an das Produkt werden kontinuierlich und detailliert angepasst). Scrum kennt drei Rollen: Product Owner, Entwicklungsteam und Scrum Master. Das Scrum-Team ist im stetigen Kontakt mit dem Kunden und ermöglicht so eine partnerschaftliche Zusammenarbeit.


BIT-Kontakt: 

Thomas Stauffer 

Projektleiter
Tel.: 058 465 97 62
  

Text: Rinaldo Tibolla


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