Bundesinformatiktagung: digitale Transformation der Verwaltung

Die digitale Transformation der Verwaltung stand im Fokus der Bundesinformatiktagung, die am 6. September im Stade de Suisse stattfand. Bundesrat Ueli Maurer und Regierungsrat Benedikt Würth sprachen über den Stand und das Vorgehen bei der Digitalisierung im Bund und bei den Kantonen. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer erhielten zudem einen Einblick in aktuelle Projekte des Transformationsprogramms DaziT der Eidgenössischen Zollverwaltung.

Die Digitalisierung – sie stand bereits an der Bundesinformatiktagung 2017 auf der Agenda. «Die wichtigste Erkenntnis der damaligen Veranstaltung war, dass Digitalisierung mehr ist, als Papierformulare online abzubilden», sagte Peter Fischer, Delegierter für die Informatiksteuerung des Bundes. «Die Digitalisierung verlangt nach einer tiefergreifenden Transformation und setzt einen Kulturwandel voraus.» Was das für die Bundesverwaltung, aber auch für die Kantone und Gemeinden heisst, war Thema an der Bundesinformatiktagung 2018 im Stade de Suisse, die von den fünf bundesinternen IKT-Leistungserbringern und dem Informatiksteuerungsorgan des Bundes (ISB) gemeinsam organisiert wird.

«Es braucht gemeinsame Standards»

Als Auftakt lud Bundesrat Ueli Maurer die Teilnehmerinnen und Teilnehmer auf eine Zeitreise ein. Vor einigen hundert Jahren dauerte es noch mehrere Wochen, Güter per Schiff, Pferdefuhrwerk oder zu Fuss von Basel über den Gotthard bis nach Chiasso zu transportieren. Das änderte sich mit der Erfindung der Eisenbahn – mehrfaches Umladen der Güter wurde überflüssig. «Der Weg dorthin war allerdings lang und steinig», so Bundesrat Ueli Maurer. Überall entstanden zwar lokale Bahngesellschaften, die von der neuen Technologie profitierten. Notwendige Standards wie gemeinsame Spurbreiten und Anschlüsse zwischen den einzelnen Schienennetzen waren jedoch nicht vorhanden. «Die Bundesinformatik steht heute etwa an der gleichen Stelle, wie die Bahngesellschaften vor rund 150 Jahren. In allen Departementen entstehen digitale Dienstleistungen, gemeinsame Standards und Standardlösungen hingegen fehlen weitgehend.» Genau solche Standards brauche es aber – wie z. B. eine elektronische Identität. «Aber auch eine gemeinsame Datenverwaltung in der Bundesverwaltung ist eine Voraussetzung für die erfolgreiche digitale Transformation», sagte Bundesrat Ueli Maurer. «Dann lässt sich – wie beim gemeinsamen Schienennetz – regeln, wer, wann und wie auf welche Daten Zugriff hat.»

Kantone: Horizontale und vertikale Koordination verbessern

Vor ähnlichen Herausforderungen stehen auch die Kantone und Gemeinden, wie Benedikt Würth, Regierungsrat des Kantons St. Gallen und Präsident der Konferenz der Kantonsregierungen (KdK) in seiner Keynote aufzeigte. Gemeinsame Standards sind ein Thema, das auch die Kantone bei der digitalen Transformation beschäftigt. «Bei E-Government-Angeboten belegt die Schweiz in internationalen Rankings einen Platz im Mittelfeld, obwohl wir das technologische Know-how dazu eigentlich haben», sagte Benedikt Würth. Die Herausforderung sei, bei der digitalen Transformation über alle föderalen Ebenen hinweg, aber auch zwischen den Kantonen, in die gleiche Richtung zu arbeiten. Ein erster wichtiger Schritt dahin stand Ende September an: Dann hat die KdK Leitlinien erlassen, wie die Kantone die Digitalisierung gemeinsam angehen wollen. Konkret geht es um eine kohärente Gesamtarchitektur mit gemeinsamen Basisinfrastrukturen und standardisierten Schnittstellen.

E-Government institutionell verankern

Der Kanton St. Gallen ist aktuell daran – in enger Zusammenarbeit mit den Gemeinden – ein E-Government-Gesetz zu verabschieden. Eine E-Government-Geschäftsstelle, deren Träger der Kanton und die Gemeinden sind, soll sich in Zukunft um die gemeinsame Planung und Steuerung von neuen E-Services für die Bevölkerung und die Wirtschaft kümmern. Geschäftsführer Ivo Toman stellte die Aufgaben und Kompetenzen der Geschäftsstelle vor: Neben dem Festlegen von Standards und strategischen E-Government-Services, soll auch die Beschaffung künftig gemeinsam erfolgen. Ein Kooperationsgremium, bestehend aus je vier Vertretern des Kantons St. Gallen und der Gemeinden, hat die Kompetenz, Verordnungen im Bereich E-Government zu erlassen. Über ein eigenes Budget kann die Geschäftsstelle Entwicklungsprojekte initiieren und innovative E-Services für den ganzen Kanton vorantreiben.

DaziT: Den Zoll für die Zukunft fit machen

Das grösste Transformationsprogramm in der Bundesverwaltung ist zurzeit DaziT – das am 1. Januar 2018 gestartet ist. Ziel des Programms ist, die Prozesse der Eidgenössischen Zollverwaltung (EZV) bis 2026 komplett ins digitale Zeitalter zu überführen (mehr dazu auf www.dazit.admin.ch). «DaziT ist viel mehr als ein IT-Projekt, es geht um eine gesamtheitliche Transformation der Zollverwaltung» sagte Isabelle Emmenegger, Programmleiterin DaziT. Noch steht das Programm am Anfang, in vielen verschiedenen Projekten und Teilprojekten entstehen Strategien, werden Prozesse neu gedacht und die Grundlagen für die künftige IT-Landschaft des Zolls erarbeitet. «Das Programm DaziT hat dazu bereits für dieses Jahr sogenannte Quick Wins definiert, die Mitarbeitenden des Zolls, Bürgern und der Wirtschaft erste Verbesserungen bringen», so Isabelle Emmenegger. Diese Quick Wins in so kurzer Zeit zu realisieren, ist nicht zuletzt agilen Arbeitsweisen zu verdanken, wie sie unter anderem im Teilprojekt E-Portal oder E-Begleitdokument (vgl. «Eisbrecher» Nr. 69) gelebt werden.

Nach fünf Wochen erster Prototyp

Was agiles Vorgehen konkret bedeutet, zeigten Projektleiter Bernhard von Allmen und David Lehmann, Leiter Entwicklung bei der Plattform Digitalisierung (DIP) am Beispiel E-Portal. Im Projekt bauen sie ein EZV-Unternehmensportal auf, das künftig den Mitarbeitenden wie auch Externen den Zugriff auf Echtzeitinformationen ermöglicht. «Ob sich mit der gewählten Technologie die erforderlichen Funktionalitäten umsetzen lassen, haben wir mit der Entwicklung eines Prototyps getestet», sagte Bernhard von Allmen. «Nach fünf Wochen konnten wir diesen erstmals vorstellen und zeigen, dass unser Konzept funktioniert. Dieses hohe Tempo, mit raschen ersten Ergebnissen, war dank der agilen Vorgehensweise möglich.» Es erfordert neben der Agilität der Entwickler und Fachprozessverantwortlichen auch die Bereitschaft der Linie, sich im selben Rhythmus zu bewegen und die nötigen Entscheide zu tragen. In den zwei Wochen dauernden Sprints lassen sich Konzepte und Ideen rasch verifizieren. Falls Anforderungen dazukommen oder sich ändern, erlaubt es die agile Arbeitsweise, sich flexibel anzupassen. Auch darum ist die agile Vorgehensweise im Projekt E-Portal eine Notwendigkeit: Denn weitere Anwendungen, die erst zu einem späteren Zeitpunkt entstehen, werden das E-Portal künftig nutzen und die Anforderungen zwangsläufig verändern.

Rascher Quick Win dank DevOps

Agile Arbeitsweisen haben auch im Projekt E-Begleitdokument einen ersten Quick Win ermöglicht. Product Owner Kuno Zimmermann von der EZV und Sebastian Matyas, Lösungsarchitekt im BIT zeigten, wie das Projektteam dank DevOps in sehr kurzer Zeit die Anwendung E-Begleitdokument entwickelt hat. Über die Anwendung übermitteln Transporteure bereits seit Anfang Jahr ihre Dokumente elektronisch an die EZV. DevOps ist ein Kunstwort aus den Begriffen Development und Operation und beschreibt das Zusammenrücken der Bereiche Softwareentwicklung und Betrieb (mehr zu DevOps). Dabei spielen agile Methoden wie Scrum eine wichtige Rolle: Aber auch ein hoher Grad an Automatisierung und neue Formen der Zusammenarbeit sind zentral. Im Biz-DevOps-Modell, das im Projekt zur Anwendung kam, sind auch der Product Owner, resp. die Fachmitarbeitenden direkt ins Projekt involviert. Kuno Zimmermann zieht ein positives Fazit: «Anforderungen lassen sich im DevOps-Modus sehr rasch umsetzen und produktiv nutzen. Bei Problemen ist man schnell bei der richtigen Person und kann das Problem dank dem hohen Grad an Automatisierung in kürzester Zeit und ohne Unterbruch beheben.»

Innovative Ideen, offene Zusammenarbeit

An der abschliessenden Podiumsdiskussion diskutierten Isabelle Emmenegger, Ivo Toman, BIT-Direktor Giovanni Conti, Peter Fischer und BFS-Direktor Georges-Simon Ulrich über die Ausrichtung der Bundesinformatik auf die digitale Transformation. Einig waren sich die Teilnehmer, dass diese erfolgreich sein kann, wenn alle Akteure bereit sind, partnerschaftlich zusammenzuarbeiten und es gelingt, gegenseitiges Vertrauen aufzubauen. Aber auch gemeinsame Standards seien unerlässlich, damit die Transformation erfolgreich sei. Die beiden vorgestellten Projekte aus dem Programm DaziT würden exemplarisch aufzeigen, dass wir die Chancen der digitalen Transformation mit innovativen Ansätzen und neuen Methoden schaffen werden.  

Präsentationen sowie eine Bildergalerie finden Sie auf dem Intranet ISB.


Kontakt beim ISB:

Gisela Kipfer

Kommunikationsverantwortliche ISB
Tel.: 058 465 04 64

Text: Daniel Wunderli
Fotos: Sven Piek

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